B�rbel H�hn Ministerin f�r Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrte Damen und Herren,
es freut mich sehr, dass ich heute die Gelegenheit habe, Sie hier in K�ln auf dieser weltweit einzigen Messe zum Handel mit Emissionszertifikaten zu begr��en.
Ich gratuliere den Veranstaltern der Weltbank, der International Emissions Trading Association (IETA) und der Koelnmesse zu Ihrer bereits im letzten Jahr gestarteten, erfolgreichen Initiative, diesem jungen und innovativen Markt ein Forum zu geben.
Erstmals gibt es mit der CARBON EXPO eine internationale Plattform f�r K�ufer und Verk�ufer von Emissionsrechten, f�r Marktf�hrer und Dienstleister der Emissionshandelsbranche.
Als Umweltministerin eines energieintensiven Landes wie Nordrhein-Westfalen freut mich dies besonders, denn diese gut besuchte Plattform zeigt, dass der Emissionshandel als umweltpolitisches Instrument einen dynamischen Markt generiert, eine Vielfalt von neuartigen T�tigkeiten entstehen l�sst und damit auch einen neuen Arbeitsmarkt schafft.
Vor einem Jahrzehnt noch war der Emissionshandel Vision - f�r die einen Wundermittel, f�r die anderen Schreckgespenst.
Heute ist er � nach jahrelangen Diskussionen, Vorbereitungen, viel Abstimmungs- und Feinarbeit � Realit�t und wir k�nnen mit dem Ergebnis, so denke ich, sehr zufrieden sein.
Seit dem 1. Januar 2005 gilt in den 25 EU-Mitgliedstaaten der Emissionshandel f�r das Treibhausgas CO2.
Grundgedanke des EU-Emissionshandels ist die Schaffung eines kosteneffizienten Klimaschutzinstruments, das es der EU erm�glicht, ihre Verpflichtung aus dem Kyoto-Protokoll zu erf�llen. Nahezu die H�lfte der gesamten CO2-Emissionen der EU fallen unter die Vorgaben des Emissionshandels.
Mehr als 12.000 Energie erzeugende und energieintensive Anlagen sind europaweit vom Emissionshandel erfasst.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Der EU-Emissionshandel steht f�r einen Paradigmenwechsel in der Umweltpolitik:
- erstmals erh�lt Umweltbelastung einen Marktpreis,
- erstmals werden Ressourcenverbrauch und volkswirtschaftliche Kosten in monet�ren Bezug gesetzt,
- erstmals werden Umweltdefizite und Umwelterfolge monet�r messbar und dadurch steigt der Anreiz f�r eine dynamische und systematische Entwicklung von Minderungsm�glichkeiten und ihre Durchf�hrung.
Anstatt starre Emissionsgrenzwerte festzulegen, wird den Unternehmen �konomische Flexibilit�t erm�glicht.
Denn f�r den Klimaschutz kommt es allein darauf an, dass CO2-Emissionen reduziert werden � wo dies geschieht, ist sekund�r.
Der Emissionshandel erm�glicht daher, klimasch�dliche Gase dort zu vermindern, wo dies zu den geringsten Kosten m�glich ist.
Dadurch wird sichergestellt, dass die Reduzierungen zu den volkswirtschaftlich niedrigsten Kosten erfolgen und die Innovationst�tigkeit gef�rdert wird.
Der Emissionshandel bietet demnach starke Anreize f�r hocheffiziente Technik und die Erneuerung des Kraftwerksparks, auch am Standort Deutschland.
F�r den Wirtschaftsstandort NRW mit seiner gro�en Kompetenz im Bereich Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien bietet dieser internationale Markt eine gro�e Chance.
Etwa 1/4 der in Deutschland beteiligten Anlagen befinden sich in NRW. Auf NRW entf�llt fast die H�lfte des deutschen Emissionsbudgets.
In Nordrhein-Westfalen nehmen etwa 440 Anlagen der Energie- und energieintensiven Branchen, wie Metall, Baustoffe, Glas, Keramik und Zellstoffe, am Emissionshandel teil. Das sind mehr Anlagen als in den meisten Mitgliedstaaten der EU.
Zus�tzlich zum Emissionshandel sieht das Kyoto-Protokoll vor, dass gem�� bestimmter Kriterien auch im Rahmen von Auslandsprojekten Treibhausgase reduziert werden k�nnen.
Diese projektbasierten flexiblen Mechanismen Joint Implementation (JI) bzw. Clean Development Mechanism (CDM) wurden mit der Linking-Directive an das EU-Emissionshandelssystem gekoppelt.
Dies erm�glicht es allen am Emissionshandel beteiligten europ�ischen Unternehmen, Gutschriften aus weltweit durchgef�hrten Projekten zur Verringerung der Treibhausgasemissionen auf ihre Verpflichtungen im Rahmen des Emissionshandels anzurechnen.
Das erschlie�t nicht nur ein gr��eres Marktvolumen f�r den Emissionshandel, sondern er�ffnet auch Nicht-EU-Staaten des Kyoto-Protokolls die M�glichkeit, bereits jetzt vom Emissionshandel mit zu profitieren.
Entwicklungs- und Schwellenl�nder k�nnen schneller teilhaben an modernen Energiegewinnungs- und �umwandlungstechnologien.
Auch verschiedene Klimaschutzfonds, wie der KfW Carbon Fund oder der Community Development Carbon Fund der Weltbank, k�nnen dazu beitragen, Kapitalstr�me in eine klimaschonende Energieerzeugung in Schwellen- und Entwicklungsl�nder zu lenken.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Derzeit stellen die komplexen rechtlichen und technischen Zusammenh�nge und das umfangreiche Prozedere der projektorientierten Mechanismen CDM und JI f�r viele Unternehmen noch ein Hemmnis dar.
Die Entwicklung von Emissionsreduktionspro-jekten steckt noch in den Anf�ngen, es fehlt noch an Erfahrungen. In einigen L�ndern stehen die im Rahmen der Genehmigungsverfahren notwendigen Infrastrukturen noch nicht zur Verf�gung.
Hier ist noch viel Potenzial, das durch klare und leichter zug�ngliche institutionelle Strukturen in den Gastl�ndern und z.B. durch verst�rkte B�ndelung von kleineren Projekten erschlossen werden kann.
Doch schon jetzt ist sichtbar: Das Interesse an den sogenannten �FlexMechs� w�chst. Die Marktvolumina nehmen bereits zu - immer mehr Gastl�nder und Akteure zeigen Interesse an einer Kooperation.
Hier auf der CARBON-EXPO kommen Wirtschaftsvertreter aus Industrie- und Entwicklungsl�ndern als Partner zusammen, um gemeinsam M�glichkeiten zu erarbeiten, wie der globale Klimaschutz unterst�tzt werden kann.
Und das ist gut so und wichtig, denn in dieser Frage sind wir alle noch lange nicht am Ziel!
Die Anzeichen des Klimawandels werden immer deutlicher: St�rme, D�rren und �berschwemmungen nehmen weltweit zu.
Wissenschaftler warnen vor einer globalen Erw�rmung von mehr als 2� Celsius gegen�ber vorindustriellen Werten.
Wollen wir schlimmste Entwicklungen verhindern, m�ssen wir die Treibhausgasemissionen weltweit um mehr als 50% senken. F�r die Industriel�nder bedeutet dies eine Reduktion um 60-80 % gegen�ber dem Niveau von 1990.
Aber wir stehen beim Klimaschutz erst ganz am Anfang: Nach wie vor steigen die Emissionen in den meisten L�ndern.
Trotz zahlreicher klimaschutzpolitischer Ma�nahmen der letzten Jahre sind Abweichungen zwischen den Kyoto-Zielen und den bisherigen Trends un�bersehbar.
Die CO2-Emissionen sind nach vorl�ufigen Sch�tzungen allein im Jahr 2003 weltweit um nahezu 4% gestiegen.
Damit lagen die weltweiten CO2-Emissionen im Jahr 2003 um fast 20% h�her als im Basisjahr 1990.
Auch die Betrachtungen der von der Lastenteilung erfassten EU-Mitgliedstaaten f�hrt zu keiner wesentlich anderen Aussage: noch immer sind die Mehrzahl der 15 alten Mitgliedstaaten von ihren Emissionszielen f�r 2008/2012 mehr oder weniger weit entfernt. Aber es gibt auch positive Ausnahmen, wie Gro�britannien und Schweden, die bereits heute ihr Kyoto-Ziel erreicht haben.
Und auch Deutschland liegt gut im Trend:
Nach einer Studie der PROGNOS-AG wird Deutschland die im Rahmen des Kyoto-Protokolls �bernommenen Verpflichtungen bei gleichzeitiger Umsetzung der Vereinbarung zum Kernenergieausstieg erf�llen.
Gem�� der Prognose werden die Treibhausgasemissionen in der Kyoto-Periode 2008 bis 2012 im Durchschnitt um gut 22 % niedriger liegen als im Referenzjahr 1990.
Deutschland hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte auf dem Weg zu einem effizienten Umgang mit Energie gemacht. Die Energieproduktivit�t lag 2003 um nahezu ein Viertel h�her als im Jahr 1990.
Diese deutliche Entkopplung hat sich in den letzten Jahren verlangsamt. Es sind jedoch noch nicht alle technisch-wirtschaftlichen Optionen zur Minderung der CO2-Emissionen ausgesch�pft.
Gerade der Emissionshandel ist hier das geeignete Instrument, diese Potenziale zu erschlie�en.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Der EU-Emissionshandel ist das weltweit erste multinationale Emissionshandelssystem.
Er bildet das wirkungsm�chtigste klimapolitische Instrument, das jemals eingef�hrt wurde.
Dies gibt Europa nicht nur eine Vorreiterrolle im internationalen Klimaschutz, sondern auch einen Vorsprung auf internationalen M�rkten.
Diesen neuartigen Markt aufzubauen und sich ihn zu erschlie�en ist eine gro�e Herausforderung insbesondere f�r die am Emissionshandel teilnehmenden Unternehmen, aber auch f�r alle indirekt Beteiligten, wie Berater, Makler und Projektentwickler.
Doch die Pioniere von heute werden die Experten von morgen sein. Gerade in einem so jungen und neuartigen Markt wie dem des Emissionshandels wird sich dies deutlich zeigen.
Denn dieser Markt steht erst am Anfang:
Ab 2008 steht die Einf�hrung des internationalen Emissionshandels nach dem Kyoto-Protokoll an.
Und ab der n�chsten Handelsperiode (2008-2012) wird der EU-weite Emissionshandel m�glicherweise auf weitere Sektoren, wie z.B. den Flugverkehr ausgeweitet werden.
Auf lange Sicht werden auch private Haushalte und der gesamte Verkehrssektor in den Emissionshandel integriert werden m�ssen, wollen wir wirklich ernst machen mit unserem Ziel, die globale Erw�rmung nicht �ber 2� Celsius ansteigen zu lassen.
Demnach wird dieser Markt, der hier sein erstes Forum hat, weiter wachsen.
Und: es ist vorstellbar, dass es in Zukunft weitere Handelsmechanismen geben wird, die den Ressourcenverbrauch regulieren. Die Erfahrungen, die hier gesammelt werden, werden in Zukunft unverzichtbar sein.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Weiterentwicklung des internationalen Klimaschutzregimes steht dringend an. Wir d�rfen nicht ruhen, schon jetzt sollten wir ernsthaft dar�ber nachdenken und verhandeln, wie ein Klimaschutzregime nach 2012 aussehen kann.
Denn eines steht fest: der Klimawandel wartet nicht auf uns!
Handeln wir nicht, k�nnten allein die volkswirtschaftlichen Sch�den bis 2050 weltweit die Gr��enordnung von mehreren Billionen Euro pro Jahr erreichen, davon weit �ber 100 Mrd. allein in Deutschland.
Die Industriestaaten sind wegen ihrer h�heren Emissionen und Wirtschaftskraft verpflichtet, einen besonderen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen zu leisten.
Die k�nftige Form der Einbeziehung der Schwellen- und Entwicklungsl�nder in verbindliche Klimaschutzma�nahmen muss Gerechtigkeitsaspekte � wie Verursacherprinzip, Leistungsf�higkeitsprinzip und Entwicklungspriorit�ten � widerspiegeln.
Als langfristiges Ziel sollte eine Ann�herung der Emissionen pro Kopf der Bev�lkerung auf gebotenem niedrigem Niveau angestrebt werden.
Und es ist wichtig, so viele wie m�glich mit ins Boot zu bekommen:
Die konsequente Verfolgung der klimapolitischen Zielsetzungen durch die Kyoto-Partner-L�nder und die sich daraus entwickelnden M�rkte zeigen bereits erste Wirkung:
Die USA � auch, wenn sie sich noch weigern, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren - suchen Anschluss an das weltweite Klimaschutzregime.
Das Klimaschutzpapier, das Bush w�hrend seines Deutschlandbesuchs im Fr�hjahr unterzeichnete, ist Beweis daf�r.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Der Paradigmenwechsel in der Umwelt- und Klimaschutzpolitik ist nicht mehr aufzuhalten.
Das ist eine Entwicklung, die ich sehr begr��e und die hoffentlich allen zugute kommen wird: dem weltweiten Klima und damit dem Schutz unseres Lebensraumes und auch der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung in den Entwicklungs- wie in den Industriel�ndern.
Ich w�nsche Ihnen eine gelungene Veranstaltung und viel Erfolg!
Vielen Dank f�r Ihre Aufmerksamkeit!
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